Der Rebell mit dem Hobel: Ein Bayer erklärt dem Ozean seine Liebe – und meint es verdammt ernst.
- Doris Divebomber
- 12. Okt.
- 17 Min. Lesezeit


Von Doris Divebomber
Hört mal zu, ihr Landratten und sonnenverbrannten Wellenreiter! Hier spricht Doris Divebomber für die Möwen-Crew, und heute geht mir das Herz auf wie eine frisch geknackte Auster in der Abendsonne. Wir ertrinken in einer Flut aus Plastikmüll, Chemie-Scheiße und Greenwashing-Parolen, die uns die Surf-Industrie täglich ins Gesicht klatscht. Und dann, ausgerechnet aus dem Binnenland, aus München, taucht ein Kerl namens Johannes Helfrich auf und baut mit seiner Marke „Eddie Wood Go“ einen verdammten Leuchtturm in diese ewige Nebelsuppe des Konsumwahnsinns.
Ein Shaper aus München, der Holzbretter baut und dabei tatsächlich an den Ozean denkt? Das klang für uns erst mal wie Seemannsgarn. Also haben wir von der Möwen-Crew beschlossen, den Jo mal ordentlich auf den Zahn zu fühlen. Wir wollten wissen, ob da wirklich Substanz hinter der Fassade steckt oder nur heiße Alpenluft.
Wir haben ihm also einen Fragenkatalog geschickt, der härter einschlägt als eine Brecherwelle auf Fels. Kein oberflächliches Geplänkel, sondern ein tiefes Eintauchen in den Kopf und die Seele dieses Mannes. Wir wollten seinen ganzen Lebensweg ausleuchten, von den ersten Paddelschlägen bis zum perfekt geshapten Holzbrett.
Was jetzt kommt, sind seine ungeschminkten Antworten. Macht euch bereit für eine volle Breitseite Salz und Wahrheit. Legt die Ohren an, denn hier kommt das Kreuzverhör mit Johannes Helfrich. Und glaubt mir, da ist kein fauler Fisch dabei!
Welches ist dein Lieblingstier/Krafttier und warum?
Ganz klar die Katze: eigensinnig/unabhängig, aber genauso anhänglich und bindungsbezogen. Es gibt wenige Tiere, die lustiger sind als eine Katze, die man gut kennt. Ich bin mit einer Katze aufgewachsen und wir haben jetzt auch zwei.
Welches ist dein Lieblingszitat(e) an das du häufig denkst oder danach lebst?
Ich bin jetzt nicht der riesige Zitate-Mensch, aber wenn, dann:
„Keep on Rockin' in the free World" aus dem gleichnamigen Song von Neil Young.
Welchen Rat würdest du unserer jetzigen jungen Generation für den Einstieg in ihr zukünftiges Leben geben? Welchen Rat sollten sie ignorieren?
Ihr lebt nicht, um zu arbeiten, sondern ihr arbeitet, um zu leben.
Ich kenne leider so viele, die nur arbeiten und eigentlich keine Zeit mehr haben, das viele erarbeitete Geld dann auszugeben. Wofür? Lieber weniger arbeiten und weniger Geld haben und dafür mehr reisen, surfen, Hobbys nachgehen und Zeit für Freunde und Familie haben.
Ignoriert: „Der Markt regelt." Bullshit, der Kapitalismus ist leider unser Untergang, wenn wir da nicht schwer nachkorrigieren.
Du könntest die Zeit zurückdrehen. Welches sind deiner Meinung nach die 3 negativsten Erfindungen für unseren Planeten?
Atomwaffen: Sinnlos und hat das Potenzial, den Planeten zu zerstören.
Plastik: Es gibt genügend umweltfreundliche Alternativen, die den Planeten nicht verschmutzen.
Patriarchat und Lobbyismus: Vielleicht eine etwas kontroverse Ansicht, aber beides zusammen lenkt leider die Politik in eine völlig falsche Richtung, die sowohl für die Menschheit als auch den Planeten extrem schädlich ist.
Du wärst ab heute der einzige Umweltminister auf unserer Erde, alles, was Du entscheidest, muss sofort umgesetzt und befolgt werden. Welche 3 Gesetze, Regeln oder Maßnahmen würdest Du sofort einführen/ändern und warum?
Ende der fossilen Energien und konsequente Umstellung auf Erneuerbare: Ca. 40 % der CO2-Emissionen wären dadurch schon mal weg (Strom und Verkehr), und so dumme Ideen wie Fracking, LNG-Terminals oder Tiefseebergbau wären gleich gestorben.
Umstellung auf Kreislaufwirtschaft (wobei ich das als Umweltminister nicht darf, eher Wirtschaftsminister, aber egal): Konsequentes Repair, Recycle, Reuse und Ressourcen nur nachhaltig verwenden. Dies schützt Natur und nachkommende Generationen.
Konsequenter und sinnvoller Natur- und Artenschutz für Luft, Land und Wasser: Erhalt der Artenvielfalt und deren Lebensräume, aber bitte mit Sinn und Verstand. Es macht keinen Sinn, z.B. einen Windpark wegen einer seltenen Eidechse nicht zu bauen, weil die dadurch eventuell gefährdet ist, aber dafür dann der Planet sich aufheizt, weil weiterhin fossile Energie gebraucht wird und alle seltenen Eidechsen verschwinden.
Jo, Hand aufs Herz: War dein erster Gedanke beim Anblick eines Surfbretts wirklich "Das muss nachhaltiger gehen!" oder eher "Geil, damit kann ich die Mädels beeindrucken!"? Sei ehrlich, wir sind hier unter uns.
Weder noch: „Geil, das sieht ja mega aus (selbst die Plastikvariante) und macht ja mega Spaß." Die nachhaltige Sicht kam erst später.
Jedes Kind hat doch so eine Phase, wo es Pilot, Feuerwehrmann oder Astronaut werden will. Wann kam der Moment, wo du dachtest: "Nee, ich werd Shaper und rette den Ozean!"? War da ein Schlüsselerlebnis, vielleicht ein missglückter Wellenritt oder eine Begegnung mit einem Plastikwal?
Das war bei mir eher eine schleichende Entwicklung. Ich bin in einem nachhaltigen Elternhaus aufgewachsen (bis auf das Autofahren vermutlich), und als ich älter war, habe ich bei jedem Besuch am Meer immer gesehen, wie dreckig es überall war. Nach meinem Surftrip in die USA habe ich dann einen (Holzboard-)Shapekurs gemacht und war sofort angefixt.
Gab es in deiner Jugend ein Idol, eine Surfer-Legende oder ein Umweltaktivist, der dir ins Ohr geflüstert hat: "Junge, baue Holzbretter und rette die Welt!"? Oder warst du von Anfang an ein Einzelkämpfer?
Hm, Einzelkämpfer würde ich jetzt nicht unbedingt sagen, aber leicht beeinflussen lasse ich mich auch nicht. Daher gab es vielleicht einen gewissen Einfluss von ein paar Personen, aber vieles habe ich auch einfach selbst erarbeitet, erdacht, nachgeforscht und gelesen. Daher ist es schwer, das auf eine Person zu beschränken.
Deine Eltern, was haben die gesagt, als du meintest: "Mama, Papa, ich werde Surfboard-Shaper mit Holz aus Bayern!"? War das eher so ein "Endlich was Anständiges!" oder eher ein besorgtes "Wovon willst du leben, mein Kind?"?
Da es extrem schwer ist, von nachhaltigen Boards wirklich zu leben – die Big Player machen einem da das Leben recht schwer –, ist das leider nur mein Zweitberuf. Die Miete zahlt der Erstberuf und beruhigt die Eltern. 😊
Warst du schon als Kind der Typ, der Legosteine lieber zu einem umweltfreundlichen Haus als zu einem Raumschiff zusammengebaut hat? Oder kam die grüne Welle erst später in deinem Leben an?
Raumschiffe waren schon auch dabei, aber am besten kann ich mich noch an die Abenteuer im Dschungel erinnern, die mein Bruder und ich aus Lego nachgespielt haben, à la Indiana Jones. Also die Naturverbundenheit war schon immer da. Generell waren wir aber eh meistens draußen im Wald/Fußball spielen oder auch mit Papa in den Bergen.
Wenn du heute deinem zwölfjährigen Ich einen Ratschlag geben könntest, was wäre das? "Fang früher an zu shapen!" oder "Lass die Finger von den Schoko-Croissants!"?
Ganz klar, fang sofort an zu surfen. Ich bin erst spät dazu gekommen, und mit knapp 2 Metern und 100 kg bin ich alles andere als der typische Surfer-Typ; da wäre ich gern deutlich besser, als ich bin. 😊
Stell dir vor, du sitzt mit all deinen ehemaligen Lehrern bei einem Bier zusammen. Welcher Lehrer wäre am meisten überrascht von dem, was du heute machst? Und welcher würde sagen: "Hab ich's doch gewusst!"?
Puh, ich glaube fast alle, bis auf meinen ehemaligen Physik-LK-Lehrer. Ich hatte schon immer eine aufmüpfige Art und glaube daher, dass viele Lehrer von mir dachten: „Aus dem wird nix." Das hat sich dementsprechend auch immer in den Zeugnissen niedergeschlagen. Mein damaliger Physik-LK-Lehrer (I know, ein noch nerdigeres Fach gibt's eigentlich nicht, habe ich aber immerhin mit dem Sport-LK wieder etwas ausgeglichen) war einer der wenigen Lehrer, die an mich geglaubt und mich auch über all die Jahre unterstützt haben. Er hat mir sogar einmal das Sitzenbleiben erspart ...
Gibt es einen verrückten Kindheitstraum, den du noch nicht verwirklicht hast? Wenn ja, wir wollen es wissen, egal was es ist, es gibt keinen, der zu albern sein kann?
Meinen größten Kindheitstraum durfte ich mir 2013 erfüllen. Ich bin in die USA geflogen, nach Kalifornien, war zwei Monate da und habe mir meinen VW T2, Baujahr 1971, gekauft. Ich habe mit dem dann den zweimonatigen Roadtrip/Surftrip gemacht, bis mir das Geld ausgegangen ist, und habe ihn anschließend zurück nach Deutschland verschifft. Und Überraschung, er heißt Eddie.
Mein zweiter und eher verrückter Kindheitstraum: Ich wäre unglaublich gern mal schwerelos. Aber das ist sowohl finanziell, umwelttechnisch als auch mit 2 m Größe nicht drin. Ganz zu schweigen vom Umwelt-Impact. Im Wasser zu sein ist der Ersatz.
Was war dein größtes "Aha-Erlebnis" in Bezug auf Nachhaltigkeit, bevor du Eddie Wood Go gegründet hast? War es ein Film, ein Buch, oder hast du beim Surfen mal in einen Plastikbecher gebissen?
Ich glaube, das Wissen, dass der persönliche CO2-Fußabdruck eine Erfindung von den Ölkonzernen ist und wirklicher globaler Wandel leider nur durch die Politik funktioniert. Aber da die Politik ja auch gewählt wird, muss man trotzdem das Bewusstsein in die Köpfe der Menschen bringen, und da finde ich den Ansatz von EWG schon ganz sinnvoll. Ich versuche aufzuzeigen, dass (Alltags-)Gegenstände halt auch in nachhaltig gehen und dabei noch so viel cooler sein können als das industrielle Pendant.
Was treibt dich am meisten in deinem Leben an?
Verbesserung im weitesten Sinne.
Ich will persönlich besser werden im Shapen, Markenaufbau etc., aber auch bessere Boards bauen, den Planeten und die Gesellschaft besser hinterlassen.
Da kommt mein Ingenieurskopf recht gut durch. Ich denke mir so oft, das muss doch besser gehen hier. Und dann versuche ich es auch.
Drei Worte, um den Ozean zu beschreiben?
Naturgewalt, Sehnsucht, Meditation.
Deine Meinung ist gefragt! Eine kleine Sache, die jeder tun kann, um dem Ozean zu helfen?
Nimm deinen Müll vom Strand mit. Eine kleine Tüte im Rucksack + Handschuhe nehmen keinen Platz weg und am Strand oder an der Straße gibt es immer irgendwo Mülleimer. Einfach eine Tüte voll machen und beim Heimgehen in den Mülleimer werfen.
Bonuspunkte, wer erst gar keinen Müll mitbringt. Tupper statt Tüte, Metallflasche statt Plastikflasche.
Was ist dein Lieblingsgeräusch des Meeres? Das Rauschen der Wellen, das Kreischen der Möwen, das sanfte Plätschern des Wassers gegen den Schiffsrumpf …?
Das Rauschen und das Gluckern der Wellen gegen ein Surfboard.
Bist du auf dem Wasser schon einmal faszinierenden Meerestieren wie Walen, Delfinen oder Meeresschildkröten begegnet? Gibt es unvergessliche Begegnungen, die du mit uns teilen möchtest?
Ich hatte die Ehre, in Kalifornien mit Ottern zu surfen; ich weiß nicht genau, wer mehr Spaß hatte. War echt wild, wie die Tiere da genauso die Wellen, sichtlich nur aus Spaß, abgesurft sind wie der Rest des Lineups. Kurz nervös geworden, ob die Haie gleich mit auftauchen, sind wir natürlich auch – im Norden Kaliforniens immer eine Option.
Wenn du dem Meer eine Frage stellen könntest – was wäre das? Und was glaubst du, würde das Meer antworten (Es ist alles erlaubt - wirklich alles?)
Vermutlich, wie das Meer das mit uns aushält. Ich muss da immer wieder an das Buch „Der Schwarm“ von Schätzing denken ...
Dein größter Wunsch für unsere Ozeane und unseren Planeten?
Dass wir als Menschheit endlich die Einsicht haben, dass wir aktuell unsere Lebensgrundlage zerstören. Und das ist ja irgendwie der Witz: Es müsste eigentlich nicht Umweltschutz, sondern Menschenschutz heißen. Der Planet und die Ozeane werden noch lange nach uns da sein.
Erinnerst du dich an dein allererstes selbstgebautes Surfbrett? War es ein Meisterwerk oder eher ein Treibgut, das nur mit gutem Zureden schwimmen blieb? Und ganz wichtig: Hat es dich jemals im Stich gelassen?
Klar, Lütti: Longboard 9'4'', wird immer noch fleißig gesurft, erst im Mai wieder in Spanien. Es ist noch perfekt in Schuss und macht einen Heidenspaß. Meisterwerk würde ich nicht sagen, es gibt ein paar hauptsächlich optische Punkte, die nicht so gut geworden sind, aber funktional ist es top

Was war das kurioseste Material, das dir jemals vorgeschlagen wurde, um ein Surfboard daraus zu shapen? Und hast du ernsthaft darüber nachgedacht?
Gummibaum. Liegt noch in der Werkstatt, hat eine echt coole rote Maserung, aber ich bin noch nicht ganz sicher, ob und was daraus wird.
Du sagst, Holzsurfboards sind die "ursprüngliche Art des Surfens". Klingt nach einem Rückschritt, der eigentlich ein Fortschritt ist. Ist das wie mit Vinyl-Schallplatten – die sind auch besser als diese komprimierte MP3-Scheiße, oder?
Genau, oder auch hochverarbeitete Lebensmittel, a.k.a. Microwave Food in den USA. Klar ist das schneller zubereitet als selber kochen, schmeckt bloß nicht und macht einen krank. Gerade beim Surfen, einer der wenigen Sportarten, die so abhängig von der Natur sind, aber auch gleichzeitig, wo man mit der Natur verschmilzt, ist es wichtig, sich auf das Wesentliche zu besinnen. Für mich ist Surfen der Einklang mit der Natur, und da bietet es sich doch an, auf etwas Natürlichem zu surfen.
Made in Germany - Paulownia-Holz aus Bayern für Surfboards? Wenn das mal kein Bekenntnis zur Heimat ist! Riecht dein Workshop eigentlich mehr nach Meerwasser oder nach frisch gefälltem Baum? Oder nach einer verrückten Mischung aus beidem?
Ganz klar nach Holz. Mein Highlight ist immer das Nussholz, das ich für den Stringer verarbeite. Da riecht immer alles nach Haselnuss, ein Traum. Wenn man die Staubmaske vergessen hat, riecht es den ganzen Tag nach Hanuta ...
Für die Herstellung eines handgefertigten Holzboards brauchst du circa 4 bis 6 Wochen. Das klingt nach Entschleunigung pur. Wie viele Anrufe von ungeduldigen Surfern bekommst du in der Zeit, die fragen, ob ihr Board schon schwimmen lernt?
Entschleunigung ist es leider nur bedingt. Wie oben ja schon gesagt, ist das leider nur mein Zweitjob. Daher habe ich auch nur bedingt Zeit, die etwa 100 Stunden, die in einem Board stecken, unterzubringen. Hinzu kommen noch die Trocknungszeiten von Kleber und Bio-Epoxy, die bei den 100 Stunden gar nicht mit eingerechnet sind. Daher ist es schon ein straffer Zeitplan, um so ein Board in der Zeit fertigzubekommen. Es ist und bleibt halt Handwerk und keine Massenware.
Du sprichst davon, Leidenschaft und Seele in den Shaping-Prozess fließen zu lassen. Heißt das, jedes deiner Boards hat eine eigene Persönlichkeit? Und gibt es da auch mal ein zickiges Brett, das sich nicht shapen lassen will?
Ja, jeder meiner Shapes ist nach einem Rockmusikkünstler benannt, der vom Typ her zum Board bzw. Shape passt. Durch die wirklich einzigartige Maserung bekommt jedes einzelne Board dann noch einmal zusätzlich Charakter. Und ich hatte noch kein Board, bei dem sich das Holz nicht irgendwo mit Engelszungen oder doch mit mehr Zwingen dorthin überreden lassen musste, wo ich es hinhaben wollte.
"Zweimal kaufen ist nie eine ressourcenschonende Option." Ein Satz, den sich manch einer hinter die Ohren schreiben sollte, bevor er sich das nächste Plastikteil holt. Hast du schon mal versucht, diesen Spruch auf ein Surfboard zu schnitzen?
Noch nicht, aber eigentlich eine sehr gute Idee! Sollte ich gleich mal mit auf die Liste für das nächste Event nehmen.
Deine Bretter sind "Kunstwerke, die man im Wohnzimmer aufbewahren kann". Hand aufs Herz: Wie viele deiner Kunden kaufen die Boards eher als Deko und trauen sich gar nicht damit ins Wasser, aus Angst, das Kunstwerk zu beschädigen?
Ich hoffe wirklich, keiner. Die Holzboards sind stabiler als Kunststoff-Boards und haben es verdient, auch wirklich gesurft zu werden! Es ist außerdem immer ein cooles Gefühl, wenn sich alle am Strand nach einem umdrehen und das Board anschauen wollen.
Und falls es doch wirklich jemand nur als Dekoobjekt haben will, geht das Ganze natürlich. Dann wird statt Bio-Epoxy nur geölt, und es ist dann als Dekoobjekt noch mal viel geiler, weil die Struktur des Holzes noch mehr rauskommt und taktil bleibt.
Stichwort "Handarbeit": Wie oft hast du dir schon gedacht, dass eine Maschine schneller wäre, nur um dann festzustellen, dass das Gefühl für das Holz bei Handarbeit einfach unersetzlich ist?
Nicht nur das Gefühl ist unersetzlich, sondern es ist oft auch einfach schneller. Mit einer Maschine muss man nur mal eine halbe Sekunde nicht aufpassen oder abgelenkt werden, und schon ist man mehrere Stunden damit beschäftigt, den Schaden wieder auszubessern.
Klar, manche Schritte gehen nur sinnvoll mit der Maschine, obwohl man wirklich alles mit der Hand machen kann, was ich auch schon gemacht habe. Es ist dann noch einmal etwas ganz anderes, wenn man wirklich jeden einzelnen Schritt mit der Hand gemacht hat.
Es werden kontinuierlich, mit Hilfe von ausgewählten Partnern, Bäume gepflanzt, um nicht nur CO2 Neutral, sondern deutlich CO2-Negativ zu sein. Zusätzlich dazu verwendest du einen fixen Prozentsatz des Verkaufspreises dazu, um weitere Bäume zu pflanzen. Durch einen Surfboard-Kauf werden auf den Namen des Käufers 5% des Kaufpreises an eine selbst ausgewählte NGO gespendet. Du pflanzt Bäume, um CO2 auszugleichen. Das ist großartig! Aber mal ehrlich, wie viele Bäume musst du pflanzen, um ein einziges Surfboard zu kompensieren? Und hast du schon mal versucht, deine eigene kleine "Surfboard-Plantage" zu starten?
Das sind gar nicht so viele, wie man denkt.
Ein normales industrielles Surfboard liegt ungefähr bei 50 – 180 kg CO2 (je nach Datenquelle und Größe).
Ein Holzboard hat einen deutlich kleineren Abdruck: 40 – 95 % weniger, je nach Datenquelle.
Also selbst wenn wir mit einem CO2-Abdruck von ca. 70 kg (180 kg * 40 %) rechnen, wären das 4 Bäume, die das in einem Jahr wettmachen.
Und ja, das habe ich wirklich im Hinterkopf. Paulownia-Setzlinge gibt es super einfach zu kaufen, und die wachsen ja wie Unkraut. Es dauert nur 10 Jahre, bis der Baum gefällt werden kann, wäre also auch zeitlich total im Rahmen. Das größere Problem ist: Versucht mal, dafür Land im Umkreis von München zu finden bzw. zu bezahlen.
"Einschnitte in der Performance werden nicht hingenommen." Heißt das, du schickst deine Prototypen persönlich auf die größten Wellen, um sicherzustellen, dass sie auch halten, was sie versprechen? Wer ist dein Testpilot?
Ja, es ist immer spannend, ob ein neuer Shape auch das liefert, was ich mir erhoffe. Ich versuche immer, die Boards auch selbst zu testen, wenn es irgendwie möglich ist.
Du bist weltweit vernetzt, um Forschungsergebnisse auszutauschen und die neuesten Entwicklungen in der Nachhaltigkeit zu teilen, um auch in Zukunft nachhaltige Surfboards zu bauen – das klingt nach einer Geheimorganisation für nachhaltige Surfboards. Gibt es da einen Geheimgruß oder ein spezielles Handzeichen?
Leider nur ganz langweiliges Networking und alles frei zugänglich. Da es leider weltweit nicht zu viele Eco-Board-Hersteller gibt, kennt man sich nach einer gewissen Zeit und bleibt in Kontakt über Direktnachrichten, Blogs und Foren. Wer selbst mal stöbern will:
Aber vielleicht sollten wir da mal langsam einen Geheimbund gründen, um die Weltherrschaft an uns zu reißen und alles nachhaltig zu machen! 😈
Recycling und Abfallwirtschaft: Deine Hobelspäne werden als Einstreu für Therapie-Esel genutzt. Das ist so skurril und genial zugleich! Haben die Esel schon versucht, auf den Spänen zu surfen? Und gibt es Pläne, aus den Resten auch noch Surf-Zubehör zu machen? Vielleicht ein Esel-freundliches Paddel?
So wie ich Esel kenne, definitiv. Ich versuche wirklich, so viel wie irgendwie möglich weiterzuverwenden. Ich bin gerade dabei, mir eine Gussform zu machen, um aus den Resten beim Glasen (Epoxy und Glasfaser) Finnenschlüssel herzustellen. Ich glaube, ich muss langsam mal auf den 48-Stunden-Tag umstellen.
Das weiteste von München von dir geschaffenes Surfboard irgendwo auf der Welt, wo surft es gerade herum? Und gibt es dazu eine besonders rührende Geschichte?
Fragt mich da noch mal in 'nem guten Jahr, das will ich noch nicht verraten. Ist eine Überraschung für denjenigen. 😊
Was war bisher die größte Herausforderung bei der Entwicklung deiner nachhaltigen Werkstoffe? Die Balance zwischen Haltbarkeit, Performance und Umweltfreundlichkeit zu finden, muss ja ein Höllenritt sein.
Zum Teil. Die Materialien für die klassischen Surfboards sind relativ gut erprobt, und die Natur gibt uns hier wirklich extrem gute Ausgangsmaterialien. Daher ist es für die Boards schon relativ gut.
Viel größeres Kopfzerbrechen bereiten mir aktuell die River-Boards, die ich in mein Portfolio mit aufnehmen will. Durch die Tricks und das betonierte Bachbett sind die Boards ganz anderen Belastungen ausgesetzt. Industrielle Boards halten hier oft nur eine Saison bei den Profis. Und genau das will ich halt nicht machen. Daher kommt hier zur Haltbarkeit, Performance und Umweltfreundlichkeit noch der Aspekt der Reparaturfreundlichkeit hinzu. Da raucht mir aktuell der Kopf.
Gibt es einen "heiligen Gral" der nachhaltigen Surfboard-Materialien, nach dem du noch suchst? Ein Material, das alles kann und dabei auch noch nach Schokolade riecht?
Ich würde gern auf Epoxy verzichten, aber aktuell gibt es hier nichts, was von der Funktionalität her vergleichbar wäre.
Mein Traum wäre ein Öl, das man von mir aus nur einmal pro Jahr auftragen muss und das das Board stabil und dicht macht und gleichzeitig die Haptik des Holzes erhält.
Wie fühlt es sich an, ein Brett zu sehen, das du mit deinen eigenen Händen geschaffen hast, wie es auf einer Welle reitet? Ist das wie, wenn ein Elternteil sein Kind zum ersten Mal Fahrrad fahren sieht?
Immer wieder aufregend und eine extreme Freude gleichzeitig.
Ist es dicht? (War noch nie undicht)
Wie fährt es sich? (Bisher immer top)
Leck, sieht das gut aus!
Geil, das hast du selbst mit deinen eigenen Händen erschaffen!
Wenn du einen prominenten Surfer dazu bringen könntest, nur noch mit Eddie Wood Go Boards zu surfen, wer wäre das und warum? Und wie würdest du ihn überzeugen?
Puh, dann müsste ich, glaube ich, den Laden deutlich erweitern und noch ein paar Leute einstellen, fände ich aber ziemlich geil.
Ich glaube, wer sich mit dem Thema ernsthaft mal auseinandergesetzt hat und dann auch ein Eco-Board ausprobiert, der braucht nicht viele große Argumente. Holzboards wurden schon bei einem ESL-Contest gesurft (Surfer war Caina Souza), daher zeigen sie, dass die Performance da ist. Ich denke, dass da einfach noch ein bisschen die Awareness fehlt und die Big Player der Industrie halt schon die Exklusivverträge haben und es deswegen schwieriger ist.
Beschreibe den perfekten Surfer für ein Eddie Wood Go Board. Ist es der umweltbewusste Hipster, der erfahrene Wellenreiter-Veteran oder der blutige Anfänger mit dem Herz am rechten Fleck?
Mit meinen Boards hat jeder Spaß. Egal, ob man blutiger Anfänger ist, Veteran oder auch mal etwas Neues ausprobieren will (Shortboard zum Longboard oder umgekehrt). Wichtig für mich sind die Surfer, die einen Sinn für Nachhaltigkeit und Handwerk haben und eine Beziehung zu dem Board aufbauen. Denn billige (in beiden Sinnen des Wortes) Boards gibt es leider schon zu viele auf dem Markt.
Wenn du einen Tag lang die Surfboard-Industrie leiten könntest, welche drei Dinge würdest du sofort ändern, um sie nachhaltiger zu machen?
Ab sofort den wahren Preis verlangen, d. h. Umweltverschmutzung, Gesundheitsschäden etc. mit einpreisen. Das hat ja vor Kurzem mal ein Supermarkt gemacht. Dann wird nämlich dem Endverbraucher ganz schnell klar, wie teuer die „günstigen“ Industrie-Boards eigentlich sind.
Lieferkettengesetz einführen → gerechtere Arbeitsbedingungen für alle.
„Zigarettenpäckchen-Bilder“ auf die Surfboards kleben. Auf Plastik-Boards sieht man dann verschmutzte Strände und so.
Was war das größte Lob, das du je für deine Arbeit bekommen hast? Und was war der größte Tritt in den Hintern, der dich noch mehr motiviert hat?
Das ist schon ein paar Jahre her. Ich bin gerade in Portugal nach dem Surfen am Strand entlanggelaufen, als mich ein anderer Surfer auf mein Board (es war das erste, das ich gebaut hatte) ansprach. Er wollte es sich gerne ansehen und es mir am liebsten sofort abkaufen. Ich war am Anfang des Urlaubs und das erste Board gibt man auch nicht her, also habe ich abgelehnt. Da habe ich aber gesehen, dass es Interesse an nachhaltigen Boards gibt.
Neulich erst war ich in zwei Shops, in denen ich versucht habe, meine Boards in den Verkauf zu bringen (leider gibt es überall Exklusivverträge mit den großen Brands), und beide Verkaufsleiter wollten das Board eigentlich gleich für sich privat haben.
Den Tritt in den Hintern bekommt man da aber gleich gratis mit: Durch die ganzen Exklusivverträge mit den großen Brands kommt man einfach super schwer in den Markt und muss sich daher noch mehr anstrengen, um Fuß zu fassen.
Was ist dein persönlicher "Zen-Moment" beim Shaping? Wann vergisst du alles um dich herum und bist eins mit dem Holz?
Da gibt es mehrere. Einerseits beim Shapen der Rails. Da sind ein gutes Auge und ein guter Tastsinn gefragt. Oft sieht man die Unebenheit nicht, aber man kann sie problemlos erfühlen. Da komme ich ziemlich gut in den Flow-State und, schwups, sind ein paar Stunden rum.
Wenn Eddie Wood Go eine Band wäre, welchen Musikstil würde sie spielen? Und welchen Song müsste sie unbedingt covern?
Das ist sehr einfach zu beantworten. Ganz klar Rockmusik. Und Songs gibt es einfach zu viele:
„Alive“ von Pearl Jam
„Keep on Rockin' in the Free World“ von Neil Young
„Paint It Black“ von den Rolling Stones
Was ist die eine Sache, die du dir für die Zukunft von Eddie Wood Go am meisten wünschst, abgesehen davon, dass alle nur noch Holzsurfboards fahren?
Dass es durch die Boards auch einen kleinen Sinneswandel in der Branche gibt, auch wenn der Impact von EWG wahrscheinlich hier marginal sein wird. Mehr Verantwortung für den Planeten von den Firmen wäre genial. Generell hoffe ich natürlich, dass sich immer mehr Leute für Holzboards interessieren und dann auch (auf EWG-Boards) umsteigen. Es ist einfach noch mal so viel cooler, auf einem Holzboard zu surfen. Das hat einfach einen viel geileren Vibe

Dankeschön
Jo, was soll ich sagen? Hut ab. Wir von der Möwen-Crew sind ein misstrauischer Haufen. Wir haben schon zu viele Heilsversprecher und Marketing-Fuzzis gesehen, die auf der grünen Welle reiten, nur um am Ende doch wieder denselben alten Plastikmüll zu verkaufen. Aber deine Antworten? Das war kein Seemannsgarn. Das war Klartext. Ehrlich, direkt und ohne doppelten Boden. Dafür ein lautes und aufrichtiges „Danke“ von der gesamten Mannschaft des Ocean Tribune.
Du hast uns nicht nur gezeigt, dass es anders geht. Du hast bewiesen, dass Handwerk, Leidenschaft und ein Gewissen die stärksten Werkzeuge sind, die wir haben. Du bist der lebende Beweis dafür, dass man kein salzverkrusteter Hippie sein muss, der am Strand lebt, um für den Ozean zu kämpfen. Manchmal braucht es einen Ingenieur aus Bayern mit dem Geruch von Nussholz in der Nase, um der Industrie zu zeigen, wo der Hammer hängt.
An euch da draußen, die das hier lesen: Nehmt euch Jos Worte zu Herzen. Es geht nicht darum, dass ihr alle morgen losrennt und euch ein Holzbrett kauft. Es geht um die Haltung dahinter. Es geht darum, eine Beziehung zu den Dingen aufzubauen, die euch umgeben. Fragt euch, woher euer Board kommt. Fragt euch, wohin es geht, wenn ihr es nicht mehr braucht. Hört auf, Konsumenten zu sein, und werdet wieder zu verantwortungsvollen Nutzern.
Die nächste Welle kommt bestimmt. Die Frage ist nur, auf welcher Seite der Planke du stehen wirst: auf der Seite der seelenlosen Massenware, die unseren Planeten zerstört, oder auf der Seite eines echten Stücks Natur, das mit Herz und Verstand geschaffen wurde.
Die Wahl, Skipper, liegt ganz bei dir..
Neugierig auf mehr?
Website Eddie Wood Go: https://www.eddiewoodgo.de/
Instagram Eddie Wood Go: https://www.instagram.com/eddiewoodgo_boards/
Klartext braucht eine starke Crew.
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