top of page

Der Milliardärs-Jet vs. Dein Billig-T-Shirt: Warum wir unsere Kanonen auf das falsche Ziel richten

  • Brenda Beachbum
  • 16. Okt.
  • 6 Min. Lesezeit
Privatjet und Sportwagen


Barry Birdbrain

Von Brenda Beachbum


Ich hasse Privatjets. Ich meine, ich hasse sie wirklich. Es gibt nichts, was die Arroganz der menschlichen Spezies besser zusammenfasst als ein halb leerer Metallzylinder, der mit der aerodynamischen Finesse eines Ziegelsteins durch die Stratosphäre donnert und dabei Kerosin verbrennt wie ein Drache auf Ecstasy, nur damit irgendein Krypto-Millionär pünktlich zu seiner dritten Scheidungsparty auf Ibiza kommt.


Jedes Mal, wenn ich einen dieser weißen Stinkstiefel am Himmel sehe, möchte ich mit einer Harpune darauf zielen. Und du wahrscheinlich auch. Es ist einfach. Es ist befriedigend. Die Reichen sind die Bösen. Sie jetten, yachten und verpesten die Welt, während wir brav unseren Papiermüll trennen. Fall abgeschlossen.


Oder?


Was, wenn ich dir sage, dass unser Hass auf den Privatjet die nützlichste, brillanteste und gefährlichste Ablenkung ist, die es gibt? Was, wenn ich dir sage, dass wir mit aller Kraft auf das Beiboot zielen, während uns die verdammte Armada im Rücken versenkt?



Die kalte, brutale Mathematik, die keiner hören will


Halt dich fest, das tut jetzt weh. Ja, die Superreichen haben eine CO2-Bilanz, die zum Himmel schreit. Ein Bericht der Organisation Oxfam, die sich mit so was auskennt, hat 2023 vorgerechnet, dass das reichste 1% der Menschheit so viel CO2 ausstößt wie die ärmeren zwei Drittel – das sind fünf Milliarden Menschen. Das ist obszön. Ein einziger Flug im Privatjet kann so viel emittieren wie der durchschnittliche Europäer in einem ganzen Jahr.


Ende der Geschichte? Nein. Das ist der Anfang.


Denn jetzt kommt die Frage, die unsere gesamte, wohlige Empörung in den Grundfesten erschüttert: Ist die private Verschwendung der Reichen wirklich das größte Problem? Oder ist es der von ihnen befeuerte Massenkonsum der Milliarden?


Schauen wir uns mal die Zahlen an, die selten für ihren Humor bekannt sind. Die gesamte globale Luftfahrt, also Linienflüge, Fracht UND die verhassten Privatjets zusammen, machen laut der Internationalen Energieagentur (IEA) etwa 2 - 3% der weltweiten CO2-Emissionen aus. Die Privatjets allein sind nur ein winziger Bruchteil davon.


Und jetzt schauen wir uns ein anderes Monster an: Die Modeindustrie. Insbesondere die Fast-Fashion-Scheiße, die uns jeden Tag in die Timeline gespült wird. Die UN selbst schätzt, dass diese Industrie für bis zu 10% der globalen CO2-Emissionen verantwortlich ist. Zehn Prozent! Das ist das Drei- bis Fünffache der gesamten Luftfahrt.


Jedes Mal, wenn eine Milliarde Menschen ein T-Shirt für 5 Euro kauft, das nach dreimal Waschen zerfällt und dessen Herstellung eine halbe indische Kleinstadt vergiftet hat, hat das in der Summe einen verheerenderen Effekt als die gesamte Privatjet-Flotte der Welt.

Aber es sind ja nicht nur die verdammten T-Shirts. Es ist unser gesamter Konsumwahnsinn, der auf billigen Importen aufgebaut ist. Der Elektroschrott von Geräten, die absichtlich so gebaut werden, dass sie nach zwei Jahren den Geist aufgeben. Der Plastikmüll von Ramsch, den wir für einen Klick aus Fernost über die Weltmeere schippern lassen. Die Containerschifffahrt, die diesen ganzen Zirkus erst ermöglicht, ist laut der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) für fast 3% der globalen Emissionen verantwortlich – also für sich allein schon so viel wie die gesamte Luftfahrt.


Wir hassen den Milliardär für seinen Jet, weil er sichtbar ist. Er ist eine Person. Er hat ein Gesicht. Es ist einfach, ihn zu hassen. Aber wer ist schuld an der Flut von billigem Müll? Ein anonymer Konzern? Wir selbst, weil wir den Kram kaufen? Der Algorithmus, der uns die Werbung zeigt?


Siehst du das Manöver? Es ist eine perfekte Ablenkung.


Nehmen wir noch ein Beispiel: die schwimmenden Sündenböcke. Jeder Umweltschützer liebt es, die Super-Yacht eines Oligarchen anzuprangern. Sieht ja auch beeindruckend aus, so ein schwimmender Palast. Aber hast du dir mal die Zahlen zur Kreuzfahrtindustrie angesehen? Der NABU veröffentlicht jedes Jahr ein Ranking, das dir die Tränen in die Augen treibt. Ein einziges, riesiges Kreuzfahrtschiff kann an einem Tag so viele Schadstoffe ausstoßen wie Millionen von Autos. Diese schwimmenden Städte verbrennen Schweröl – den dreckigsten, billigsten Bodensatz, den man aus einem Barrel Rohöl quetschen kann. Und an Bord sind nicht ein Dutzend Milliardäre, sondern 4.000 Durchschnittsbürger auf der Jagd nach dem All-Inclusive-Schnäppchen.


Yachthafen

Wir jagen den einen, sichtbaren Piratenkapitän, während seine tausend kleinen Schiffe und die riesigen Passagierdampfer unbemerkt unseren Hafen plündern.



Die (Milliardärs) Wende: Von der Lifestyle-Falle zur Hebel-Architektur


Okay, Brenda, wirst du jetzt sagen. Sollen wir die Reichen also in Ruhe lassen? Sollen wir ihre Yachten beklatschen und ihnen den Sprit nachtragen?


Nein. Verdammt, nein.


Wir sollen nur aufhören, auf das falsche Ziel zu schießen. Wir müssen unsere Waffe neu ausrichten.


Das Problem des Milliardärs ist nicht sein Lifestyle. Sein Lifestyle ist ein Rundungsfehler. Es ist eine obszöne, aber im großen Ganzen irrelevante Nebelkerze. Das wahre, das einzige, das entscheidende Schlachtfeld ist sein Kapital.


Ein Milliardär hat zwei Arten von Fußabdrücken:


  1. Den Lifestyle-Fußabdruck: Die Jets, die Yachten, die zehn Villen. Der ist groß, aber er ist limitiert.


  2. Den Hebel-Fußabdruck: Das ist die Wirkung der Milliarden, die er investiert. Dieser Fußabdruck ist unlimitiert. Er kann negativ sein (wenn er in Ölkonzerne investiert) oder er kann so brachial positiv sein, dass er seinen Lifestyle-Fußabdruck tausendfach auslöscht.


Ein Bill Gates, der mit seiner Stiftung "Breakthrough Energy Ventures" Milliarden in saubere Energietechnologien pumpt, hat einen positiven Hebel, der so gigantisch ist, dass es völlig egal ist, ob er mit dem Privatjet nach Genf fliegt.


Und er ist nicht allein. Es gibt sie, die Kapitäne, die den Kurs ändern. Schau dir Yvon Chouinard an, den alten, grantigen Kletterer, der Patagonia gegründet hat. Der hat nicht gespendet. Er hat 2022 seine gesamte verdammte Firma – im Wert von 3 Milliarden Dollar – an einen Trust verschenkt, dessen einziger Zweck es ist, jeden verdienten Cent in den Kampf gegen die Klimakrise zu stecken. Das ist kein Scheck. Das ist eine Kapitulation vor dem Planeten.


Oder nimm MacKenzie Scott. Nach ihrer Scheidung von Jeff Bezos hat sie angefangen, ihr Vermögen mit einer Schrotflinte zu verteilen – aber mit einer, die auf die Guten zielt. Sie hat über ein Dutzend Milliarden an hunderte kleine, oft übersehene Organisationen verschenkt, ohne große Anträge, ohne bürokratischen Schwachsinn. Sie hat verstanden, dass der schnellste Weg zur Veränderung darin besteht, den Leuten an der Front das Geld in die Hand zu drücken und sie ihre Arbeit machen zu lassen.


Und dann gibt es Leute wie den Schweizer Hansjörg Wyss, der mal eben eine Milliarde Dollar auf den Tisch gelegt hat, um 30% des Planeten bis 2030 unter Schutz zu stellen.


Die unangreifbare Wahrheit ist: Die 100 reichsten Menschen der Welt sind nicht die 100 größten Probleme. Sie sind die 100 größten, ungenutzten Hebel zur Rettung des Planeten.


Dein Tritt in den Arsch: Hör auf zu hassen. Fang an zu jagen.


Und das ist die Botschaft an dich. An dich, der du da draußen mit einer brillanten Mission, aber leeren Taschen kämpfst.


Hör auf, auf Twitter und an der Bar über die reichen Säcke zu schimpfen. Das ist Zeitverschwendung. Das ist intellektuelle Masturbation. Es ändert nichts.


Fang an, sie als das zu sehen, was sie sind: Die mächtigsten, potenziellen Verbündeten, die du je haben wirst. Sie sind keine Feinde. Sie sind die Königsmacher, die darauf warten, von einer unangreifbaren Vision überzeugt zu werden.


Was du tun musst, ist Folgendes:


  1. Sprich ihre Sprache: Sie sprechen nicht die Sprache der Moral. Sie sprechen die Sprache des Return on Investment, der Architektur, der Skalierbarkeit und des Vermächtnisses. Lerne diese Sprache.


  2. Biete ihnen einen Hebel, kein Almosen: Präsentiere ihnen keine "Spendenbitte". Präsentiere ihnen eine unwiderstehliche Investment-These. Zeig ihnen, wie ein Investment von 1 Million Euro in deine Architektur einen messbaren, skalierbaren und ewigen "Return on Impact" erzeugt.


  3. Schmiede eine unangreifbare Blaupause: Geh nicht mit einer vagen Idee zu ihnen. Geh mit einer unangreifbaren, von externen Architekten geprüften Blaupause. Zeig ihnen nicht das fertige Schiff. Zeig ihnen den Bauplan und beweise ihnen, dass es unsinkbar ist.


Die Reichen sind nicht das Problem. Der Massenkonsum von uns allen ist ein viel größeres. Und unsere Unfähigkeit, die mit dem größten Hebel mit einer Vision zu fesseln, die größer ist als ihr nächster Yachtkauf, ist unser größtes Versäumnis.


Also, worauf wartest du? Die Schatzkisten stehen offen. Du brauchst nur die richtige Karte.



Klartext braucht eine starke Crew.

The Ocean Tribune ist zu 100% unabhängig, werbefrei und für alle frei zugänglich. Wir lassen uns von keiner Lobby kaufen, weil wir nur einer Sache verpflichtet sind: dem Ozean.

Das ist nur möglich, weil eine Crew von unerschrockenen Unterstützern hinter uns steht, die diesen Kurs finanziert. Wenn du unsere Arbeit wertvoll findest, dann werde jetzt Teil dieser Bewegung. Jeder Beitrag ist Treibstoff für unsere Mission und sorgt dafür, dass wir weiter die unbequemen Wahrheiten aussprechen können.






Aus dem Maschinenraum: Vom Klartext zum Bauplan

Wir legen den Finger in die Wunde. Das ist unsere Mission bei The Ocean Tribune. Aber Aufklärung allein rettet keine Ozeane.

In der Werkstatt von Vita Loom Labs schmieden wir aus diesem Wissen die unangreifbaren Architekturen, die aus fragilen Projekten resiliente, investierbare Assets machen. Wir schreiben keine besseren Anträge. Wir bauen unbesiegbare Systeme.

Wollen Sie sehen, wie eine solche architektonische Intervention in der Praxis aussieht? Unsere Fallstudie seziert den Prozess – vom narrativen Vakuum zum unbesiegbaren System.




The Ocean Tribune

Wir wissen, was die Ozeane zu sagen haben!

bottom of page