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World Ocean Summit: Warum 150 Milliarden fehlen und es nicht (nur) am Geld liegt.

  • Barry Birdbrain
  • 9. Sept.
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 16. Sept.

Shark in an office


Von Barry Birdbrain


Hör zu. Ich war da. In Lissabon. Beim World Ocean Summit. Dem Ort, an dem sich die Welt trifft, um dem Ozean feierlich auf die Schulter zu klopfen und ihm zu versichern, dass wir ihn ganz doll lieb haben. Ich habe mehr Anzugträger gesehen als Fische im Mittelmeer, habe Kaffee getrunken, der teurer war als der Tageslohn eines senegalesischen Fischers, und an mehr Podiumsdiskussionen teilgenommen, als es Planktonarten gibt.


Und nach 8 Stunden dachte ich mir: Was zum Klabautermann machen wir hier eigentlich?


Wir sitzen in klimatisierten Räumen und reden über steigende Meeresspiegel. Wir lauschen Keynotes über "Blue Economy", während draußen die letzten traditionellen Fischer ihre Netze flicken und nicht wissen, wie sie die nächste Tankfüllung bezahlen sollen. Es ist ein perfekt inszeniertes Theaterstück. Der Titel: "Wir tun ja was!". Applaus vom Publikum, Verbeugung der Darsteller, und am Ende gehen alle nach Hause und der Ozean erstickt weiter leise vor sich hin.


Bist du auch manchmal auf diesen Events und fragst dich, ob du der Einzige bist, der die schreiende Absurdität des Ganzen bemerkt?



Das Logbuch der knallharten Zahlen: Eine Reise in den Maschinenraum des Geldes


Ich war kurz davor, meine Akkreditierung in den Tejo zu werfen und mich einer vorbeiziehenden Kolonie von Quallen anzuschließen. Die schienen einen klareren Plan zu haben als die meisten Menschen dort. Aber dann habe ich angefangen, die Dinge zu tun, die wir bei der Möwen-Crew am besten können: Ich habe die Klappe gehalten und zugehört. Nicht dem, was auf der Bühne gesagt wurde, sondern dem, was zwischen den Zeilen zu hören war. Und ich habe mir Notizen gemacht. Hier ist der ungeschminkte Auszug aus meinem Logbuch, direkt aus dem Maschinenraum der globalen Ozean-Finanzierung.



Eintrag 1: Der Ozean ist pleite.


Costas Kadis, der EU-Kommissar für Fischerei & Ozeane, hat es quasi nebenbei fallen lassen. Um das UN-Nachhaltigkeitsziel 14 – Leben unter Wasser – auch nur annähernd zu erreichen, fehlt uns jedes Jahr die Kleinigkeit von 150 Milliarden Euro. Ich wiederhole das mal, damit es auch im Hirn ankommt: 150.000.000.000 Euro. Jährlich. Das ist kein Loch im Rumpf, das ist ein fehlender Rumpf.


Eintrag 2: Die Philanthropie ist ein Rettungsboot mit Paddel.


Okay, dachte ich, vielleicht springen ja die großen Stiftungen in die Bresche. Falsch gedacht. Tiago Pitta e Cunha von der Oceano Azul Foundation hat die nächste Bombe platzen lassen. Von allem Geld, das weltweit von Stiftungen gespendet wird, fließen gerade einmal 0,4 Prozent in den Meeresschutz. Das ist weniger, als die Menschheit für Katzenfutter ausgibt.


Wir behandeln den Motor unseres Planeten wie ein streunendes Kätzchen, dem wir ab und zu mal einen Rest vom Tisch zuwerfen.

Eintrag 3: Die großen Banken haben volle Tresore, aber keine Ahnung.


Die großen Player wie die Europäische Investmentbank (EIB) haben das Geld. Franck Jesus von der EIB hat klargemacht: Sie sind bereit, "mehr" zu tun. Aber sie können keine Kredite unter 20 Millionen Euro vergeben. Sie sind ein Supertanker, der versucht, einem einzelnen Fischer in seiner Nussschale eine Kiste Wasser zuzuwerfen. Sie wollen helfen, aber ihr System ist zu träge, zu bürokratisch, zu weit weg von der Realität der kleinen, agilen Organisationen, die an der Front kämpfen.


Es war zum Verzweifeln. Das Geld ist da, aber es kommt nicht an. Die Ideen sind da, aber sie bekommen kein Geld. Der ganze Sektor schien gefangen in einem gordischen Knoten aus guten Absichten und systemischem Versagen. Und dann kam der eine Moment, der alles veränderte.



Die eine Frage, die alles veränderte: Willkommen in der Architektur-Lücke


Es war ein Panel über "Blue Foods". Auf der Bühne saß Francisco Saraiva Gomes, einer der Gründer von Ocean 14 Capital. Das sind keine sanften Meeres-Poeten, das sind Haie. Positive Haie, wenn du so willst, aber immer noch Haie. Sie investieren hunderte Millionen in die Zukunft des Ozeans, aber sie wollen dafür einen "Return".


Und dann, in der Q&A-Runde, stellte ein junger Skipper aus dem Publikum die eine, entscheidende Frage. Er hat nicht gefragt, "In welche Ideen investieren Sie?". Er hat gefragt (ich hab's mitgeschrieben):


"Was ist der kritische architektonische Unterschied zwischen einer überzeugenden Mission und einem wirklich investierbaren Unternehmen?"


Bumm.


Da war es. Das eine Wort, das niemand sonst benutzt hatte: Architektur. Und Gomes' Antwort war die Offenbarung. Er sagte (sinngemäß): "Die größte Lücke ist zwischen der Idee und der Organisation. Die Leute denken, sie bekommen Geld für ihre Idee. Aber die Idee ist oft nicht mit dem Fundament der Organisation verbunden."


Er hat es gesagt. Der Top-VC Europas hat die "Architektur-Lücke" bestätigt.


Der Grund, warum das Geld nicht fließt, sind nicht die schlechten Ideen. Es sind die brüchigen, undurchdachten, nicht-investierbaren Architekturen der Organisationen dahinter.

Plötzlich machte alles Sinn. Wir starren die ganze Zeit auf die schönen Fassaden der Projekte, aber wir ignorieren das bröckelnde Fundament. Wir bitten um Geld für neue Segel, während der Rumpf leck ist. Wir brauchen keine neuen Projekte. Wir brauchen verdammt nochmal bessere Schiffe.


Und es gibt sie, die Schiffsbauer. Die Architekten. Organisationen, die verstanden haben, dass man, bevor man um Geld bittet, eine unangreifbare Blaupause schmieden muss. Ein "investment-grade blueprint", wie es einer der wenigen anderen wachen Geister dort nannte. Eine Architektur, die nicht nur eine nette Geschichte erzählt, sondern die eine unangreifbare Antwort auf drei Fragen gibt:


  1. Das Narrativ: Ist unsere Geschichte so klar und unwiderstechlich, dass sie jeder versteht?

  2. Die Finanzen: Haben wir ein hybrides Modell, das sowohl für eine Stiftung als auch für einen Investor Sinn macht?

  3. Der unfaire Vorteil: Warum sind ausgerechnet WIR die Einzigen auf diesem Planeten, die dieses Problem lösen können?


Organisationen, die diese drei Fragen beantworten können, betteln nicht um Geld. Sie wählen ihre Partner aus.



Hört auf, um Planken zu betteln. Baut verdammt nochmal bessere Schiffe.


Also, was bedeutet das jetzt für dich, der du da draußen jeden Tag für den Ozean kämpfst? Es bedeutet, dass du aufhören musst, dich als Bittsteller zu sehen. Du bist kein Aktivist, der um Almosen bittet. Du bist ein Unternehmer, der eine der wertvollsten Investment-Chancen dieses Jahrhunderts anbietet: die Rettung unseres Planeten.


Aber um in dieser Liga zu spielen, musst du deine Hausaufgaben machen.


  1. Sei selbstkritisch: Schau dir deine eigene Organisation an. Ist sie nur eine "nette Idee" oder ist sie ein "investierbares Betriebssystem"? Wo ist deine Architektur-Lücke?

  2. Denk hybrid: Verlasse dich nicht nur auf die 0,4% der Philanthropie. Welche Teile deiner Mission könnten für einen Investor interessant sein? Wie kannst du eine Brücke zwischen den Welten bauen?

  3. Schaffe dein Meisterstück: Bevor du den nächsten Antrag schreibst, schreib deine unangreifbare Architektur. Definiere dein Narrativ, dein Finanzmodell und deinen unfairen Vorteil so klar, dass es selbst deine Großmutter versteht.


Eine brillante Architektur ist die schärfste Waffe im Kampf um Kapital.

Der World Ocean Summit hat mir gezeigt, dass wir nicht zu wenig Geld oder zu wenig gute Ideen haben. Wir haben zu wenig Mut, uns als das zu sehen, was wir sein müssen: die souveränen Architekten der Zukunft.


Also, hör auf, nach Rettungsringen zu schreien. Fang an, den verdammt besten Eisbrecher zu bauen, den die Welt je gesehen hat. Der Ozean wird es dir danken. Und die Investoren auch.



Klartext braucht eine starke Crew.

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