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Der Fluch des Strohfeuers: Warum 9 von 10 guten Ideen absaufen (und wie deine überlebt)

  • Brenda Beachbum
  • 10. Sept.
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 23. Sept.

Schiffwrack


Von Brenda Beachbum


Ich hab schon viel gesehen. Ich hab Wale kalben sehen vor der Küste Argentiniens und Stürme geritten, die dir das Salz aus der Haut waschen. Aber nichts, aber auch gar nichts, macht mich so rasend wie das hier: brillanter, leidenschaftlicher, hoch-motivierter Schwachsinn.


Ich saß neulich in meiner Stammkneipe am Hafen, der "Rostigen Boje", und ein junger, enthusiastischer Gründer – nennen wir ihn mal Ole – pitchte mir seine Idee. Er hatte alles: einen ansteckenden Glauben an das Gute, eine PowerPoint-Präsentation, die bunter war als ein Korallenriff, und genug Energie, um ein kleines Forschungsschiff anzutreiben. Er wollte mit Drohnen den Plastikmüll in Flussmündungen aufspüren. Brillant, oder? Alle klopften ihm auf die Schulter. Eine lokale Stiftung gab ihm Geld für die ersten 24 Monate. Presse hier, Applaus da. Ole war der Held der Stunde. Ein Strohfeuer.


Letzte Woche hab ich ihn wiedergetroffen. Selbe Kneipe, anderer Gesichtsausdruck. Er sah aus, als hätte er in eine alte Socke gebissen. Das Projekt? Tot. Abgesoffen. Die Drohnen verstauben im Keller. Die Webseite ist offline. Die Stiftung? "Danke für den Abschlussbericht, wir fördern jetzt was mit Bienen."


Und hier ist die Frage, die du dir jetzt stellen musst, während du an deinem Bier nippst und nickst:


War das Projekt schlecht? War Ole dumm? Nein. Das Projekt ist ertrunken, weil es für eine Welt gebaut war, die es nicht gibt.

Es war ein perfekt gezüchtetes Rennpferd, das man in der Arktis ausgesetzt hat. Es war ein Strohfeuer. Hell, heiß und nach 24 Monaten nur noch Asche. Und das ist die verdammte Seuche, die unseren Sektor von innen auffrisst.



Die kalte, nasse Wahrheit hinter dem großen Projekt-Sterben


Halt dich fest, das wird jetzt ungemütlich. Wir in der Möwen-Crew nennen dieses Phänomen den "Impact-Zombie". Ein Projekt, das von außen lebendig aussieht, das Fördergelder frisst und schöne Berichte ausspuckt, aber im Inneren längst tot ist, weil es keine Chance hat, jemals auf eigenen Beinen zu stehen.


Du denkst, Ole ist ein Einzelfall? Süß. Führende Persönlichkeiten im Sektor haben bestätigt, dass eine erschreckend hohe Zahl von Non-Profit-Initiativen die ersten paar Jahre nicht überlebt. Und das Problem hat sich verschärft. Eine Analyse des National Center for Charitable Statistics in den USA zeigt, dass tausende Non-Profits jedes Jahr ihre Pforten schließen. Das ist eine regelrechte Epidemie des Scheiterns.


Warum? Weil die meisten Projekte auf einer fundamentalen Lüge aufgebaut sind. Der Lüge, dass eine gute Mission und eine erste Finanzspritze ausreichen, um in der echten, stürmischen Welt zu überleben.


Das ist, als würdest du ein Schiff bauen, das nur aus einem Segel und einem frommen Wunsch besteht. Du kommst aus dem Hafen raus, die Sonne scheint, alle winken. Aber was machst du, wenn der erste richtige Sturm aufzieht? Wenn der Wind dreht? Wenn deine Crew Hunger bekommt?


Die meisten Projekte werden für den Sonnenschein gebaut. Sie haben eine brillante Idee (das Segel), bekommen eine erste Förderung (der Proviant für die erste Woche) und segeln los. Aber sie haben keine Architektur.


  • Sie haben keinen Plan, wie sie nach der Förderung überleben sollen (keinen Motor für die Flaute).

  • Sie haben keine Ahnung, wie sie wirklich Geld verdienen könnten (kein Fischernetz an Bord).

  • Sie haben keine unangreifbare Geschichte, die über den Kreis der wohlmeinenden Stiftungs-Tanten hinaus jemanden überzeugt (keinen Kompass, der über die nächste Bucht hinausreicht).


Sie sind keine Schiffe. Sie sind bessere Flöße. Und der Ozean frisst Flöße zum Frühstück.

Schiffwrack


Die Architekten der Unbesiegbarkeit: Es gibt sie, die Schiffe, die nicht sinken


Okay, genug geheult. Ich hab dir versprochen, dass ich im Herzen ein Optimist bin. Und das bin ich auch. Denn ich sehe sie da draußen. Die anderen. Die Schiffe, die für den Sturm gebaut sind. Die Kapitäne, die nicht nur an die nächste Bucht, sondern an die nächste Weltumsegelung denken.


Was machen diese Leute anders?


Sie haben verstanden, was der führende Impact-Investor Europas, Francisco Saraiva Gomes, mir neulich auf dem World Ocean Summit ins Gesicht gesagt hat, als ich ihn fragte, was der Unterschied zwischen einer guten Mission und einer investierbaren Firma ist. Seine Antwort war ein Schlag ins Gesicht für 90% aller Projekte da draußen: "Die größte Lücke ist zwischen der Idee und dem Unternehmen selbst. Die Idee ist oft nicht mit dem Unternehmen verbunden."


Bumm. Da hast du es.


Die Gewinner investieren nicht nur in ihre Idee. Sie investieren in die Architektur ihres Schiffes.


Ich hab mir mal ein paar dieser "unsinkbaren" Organisationen angeschaut. Nehmen wir "The Ocean CleanUp". Ob du ihre Methode nun liebst oder hasst, ist egal. Aber schau dir ihre Architektur an. Sie haben von Tag eins an nicht nur an das Sammeln von Plastik gedacht. Sie haben an die Finanzierung gedacht (Partnerschaften mit Konzernen), an die Skalierung (die riesigen schwimmenden Systeme) und an eine Geschichte, die so groß ist, dass sie die ganze Welt in ihren Bann zieht.


Oder nimm ein kleineres Beispiel, das wir bei der Möwen-Crew gerade intensiv beobachten: Ein Verein namens "Stimme der Meere". Die Gründerin, Marcella Hansch, will nicht nur Plastik aus den Flüssen holen. Sie will eine systemische Lösung bauen, die sich am Ende selbst finanziert. Sie denkt nicht in Förderanträgen, sie denkt in Business-Modellen für den Planeten.


Diese Leute haben eines gemeinsam: Sie wenden das an, was die klugen Köpfe W. Chan Kim und Renée Mauborgne in ihrem Buch "Blue Ocean Strategy" predigen, einem Wälzer, der in keiner Kapitänsbibliothek fehlen sollte. Sie verlassen die "Roten Ozeane", in denen sich alle um die gleichen Fische (Fördergelder) prügeln, und erschaffen "Blaue Ozeane" – völlig neue Märkte, in denen sie die Regeln selbst bestimmen.


Sie stellen vier brutale Fragen, bevor sie auch nur einen Mast aufstellen:


  1. Was schmeißen wir komplett über Bord? (Welche "heilige Kuh" der NGO-Arbeit schlachten wir? Z.B. die teure Hochglanz-Gala.)


  2. Was reduzieren wir radikal? (Welchen Ballast, den alle mitschleppen, reduzieren wir auf ein Minimum? Z.B. 100-seitige Reports, die keiner liest.)


  3. Was drehen wir voll auf? (Welchen einen Hebel, der uns einzigartig macht, verstärken wir wie niemand sonst?)


  4. Was erfinden wir komplett neu? (Welches Angebot machen wir, das die Welt noch nicht gesehen hat?)


Wer diese vier Fragen beantwortet, baut kein Floß. Er baut ein verdammtes Schlachtschiff des Guten.


Dein Tritt in den Hintern: Wirst du ertrinken oder navigieren?


So, mein Bier ist leer und die Kneipe macht gleich dicht. Zeit für Klartext.


Wenn du gerade an einem Projekt sitzt, das von einer einzigen Förderung abhängt, bist du Ole. Du sitzt auf einem Strohfeuer und nennst es ein Leuchtfeuer. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Regen kommt.


Hör auf, in deine Idee verliebt zu sein. Werde besessen von deiner Architektur.


  1. Stell dir die brutalste Frage von allen: "Wenn morgen mein Förderer anruft und sagt 'Das Geld ist alle', was ist mein Plan für Übermorgen?" Wenn du keine Antwort hast, hast du kein Unternehmen. Du hast ein Hobby.


  2. Hol dir einen Architekten an Bord: Du bist ein brillanter Meeresbiologe? Ein fantastischer Community-Manager? Super. Aber du bist wahrscheinlich kein Architekt für Geschäftsmodelle. Such dir jemanden, der das kann. Jemanden, der deine brillante Idee in eine Sprache übersetzt, die auch Kapitalgeber verstehen. (Ja, das ist unverschämte Schleichwerbung für die Kollegen von VLL, aber verdammt, sie sind gut darin.)


  3. Lies. Das. Buch: Kauf dir "Blue Ocean Strategy". Es ist keine leichte Lektüre für den Strand, aber es wird dir mehr über das Überleben beibringen als jeder Management-Guru.


Am Ende ist es ganz einfach: Der Ozean ist gnadenlos. Er belohnt nicht die mit den besten Absichten. Er belohnt die mit den seetüchtigsten Schiffen.


Also, was baust du gerade? Ein Floß oder eine Fregatte?



Klartext braucht eine starke Crew.

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Aus der Werkstatt: Vom Problem zur Lösung

Aufklärung ist der erste Schritt. Die Umsetzung der zweite. Wir bei Vita Loom Labs entwickeln die professionellen Werkzeuge und strategischen Prozesse, die Impact-Organisationen dabei helfen, ihre Missionen wirkungsvoller zu machen.

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