Was wäre, wenn ein Batman der Tiefsee den Lobby-Haien in den Hintern tritt?
- Gary Gullson
- 6. Okt.
- 8 Min. Lesezeit


Von Gary Gullson
Ahoi, du Landratte mit Seeluft-Sehnsucht,
Gary Gullson hier, live vom pier-endenden Rand der Zivilisation. Ich sitze auf einem Poller, der schon mehr Vogelkacke als Farbe gesehen hat, und beobachte das Schauspiel. Drüben am Yachthafen steigt ein Mann aus einer Limousine, so schwarz und glänzend wie das Öl, das er aus dem Meeresboden pressen will. Sein Anzug kostet mehr als mein Jahresbudget für Fischbrötchen. Seine Schuhe sind so poliert, dass sich eine eitle Makrele darin spiegeln könnte, kurz bevor sie in seinem Schleppnetz landet.
Das ist er. Der Feind. Nicht der Typ mit der Harpune oder der Vollidiot, der seine Kippenstummel ins Wasser schnippt. Nein, das sind nur die Fußsoldaten. Das hier ist der General. Ein Lobbyist. Ein professioneller Einflüsterer, dessen Job es ist, Politikern so lange die Taschen vollzustopfen und das Ohr abzukauen, bis sie vergessen, dass der Ozean mehr ist als eine Verbringungsfläche für Abfall und eine Quelle für unendlichen Profit.
Ich sehe ihm nach, wie er in ein Gebäude schlendert, in dem Gesetze gemacht werden, und in mir kocht die Gischt. All die Arbeit. All die Wissenschaftler, die ihre Nächte über Mikroskopen verbringen, die Aktivisten, die sich an Ölplattformen ketten, die Freiwilligen, die an Wochenenden Strände von unserem Plastikmüll befreien. Und dann kommt dieser Anzugträger und macht mit einem einzigen Abendessen, einem geflüsterten Versprechen und einer gut platzierten "Wahlkampfspende" die Arbeit von tausenden Menschen zunichte.
Und da frage ich mich, und ich frage dich: Was wäre, wenn es jemanden gäbe, der diesem Treiben ein Ende setzt? Nicht mit einer Petition, die im Rundordner P landet. Nicht mit einer Demo, über die in den Nachrichten zwanzig Sekunden berichtet wird. Sondern richtig. Was wäre, wenn wir einen Batman für die Ozeane hätten? Einen dunklen Ritter, der aus den Schatten der Korallenriffe auftaucht, um den wahren Verbrechern das Handwerk zu legen?
Die (Lobby-) Geisterfahrer auf der Datenautobahn: Wie eine Handvoll Anzugträger den Ozean verscherbeln
Komm, setz dich zu mir. Wir müssen reden. Und zwar Klartext. Vergiss für einen Moment den Capeträger in seiner Hightech-Höhle. Unser Problem ist realer und schmutziger als jeder Comic-Bösewicht. Es trägt nur einen besseren Anzug.
Lobbyismus, das klingt erstmal harmlos, fast schon bürgerlich. Interessenvertretung, nennen sie es. Klingt, als würde der örtliche Kaninchenzüchterverein für mehr Grünflächen werben. Aber wenn es um den Ozean geht, haben wir es nicht mit Kaninchenzüchtern zu tun. Wir reden von Giganten. Von der Öl- und Gasindustrie, der industriellen Fischerei, der Plastik- und Chemiebranche und der Schifffahrtslobby. Das sind keine Interessengruppen, das sind Imperien mit eigenen Botschaftern. Und ihre Botschaft ist simpel: Profit über Planet. Immer.
Schauen wir uns mal die Werkzeuge dieser "Botschafter" an. Es ist ein ganzes Arsenal der Einflussnahme. Da wären zum einen die direkten Wahlkampfspenden. Ein legaler Weg, sich Freundschaft und Wohlwollen zu erkaufen. Dann gibt es den berüchtigten "Drehtür-Effekt": Ein Politiker, der jahrelang für milde Umweltgesetze gesorgt hat, findet sich nach seiner "Karriere" plötzlich in einem hochdotierten Vorstandsposten bei genau dem Konzern wieder, dem er geholfen hat. Ein lukratives Dankeschön, wie es Marco Bülow, ein Bundestagsabgeordneter, einmal treffend nannte. In Brüssel, der selbsternannten "Champions League des Lobbying", sind über 12.500 Unternehmen und Interessengruppen registriert, die nichts anderes tun, als die Politik in ihrem Sinne zu formen.
Die Taktik ist immer dieselbe: Zweifel säen, wo wissenschaftlicher Konsens herrscht. Verzögern, wo schnelles Handeln nötig wäre. Und Verantwortung privatisieren, wo eigentlich staatliche Regulierung hingehört.
Die Plastikindustrie, zum Beispiel, ist ein Meister darin. Anstatt die aberwitzige Produktion von Einwegplastik zu reduzieren, lenkt sie die gesamte Debatte auf Recycling und "Abfallmanagement". Das ist, als würde man versuchen, eine überlaufende Badewanne mit einem Teelöffel auszuschöpfen, anstatt einfach den Wasserhahn zuzudrehen. Und es funktioniert! Jahrelang haben sie erfolgreich verhindert, dass wirksame Gesetze zur Produktionsreduzierung erlassen werden. Ein globales Plastikabkommen? Nach zähen Verhandlungen oft genug am Widerstand der Lobby gescheitert.
Oder nehmen wir den Tiefseebergbau. Eine Industrie, die bereit ist, die letzte, weitgehend unberührte Wildnis unseres Planeten für ein paar Metalle zu zerpflügen, die wir größtenteils durch besseres Recycling an Land gewinnen könnten. Ihre Lobbyisten sitzen in den Beiräten von Behörden, die eigentlich für den Schutz zuständig sein sollten. Sie sponsern "wissenschaftliche" Konferenzen und verbreiten das Märchen vom "grünen Bergbau" für die Energiewende. Sie wollen uns weismachen, dass wir die Tiefsee zerstören müssen, um das Klima an Land zu retten. Der blanke Wahnsinn in Nadelstreifen.
Und die industrielle Fischerei? Seit Jahren kämpfen Wissenschaftler für niedrigere Fangquoten, um kollabierende Bestände wie den Dorsch in der Ostsee zu retten. Doch immer wieder setzen sich die Fischereiminister der EU über diese wissenschaftlichen Empfehlungen hinweg – ein Schelm, wer dabei an den immensen Druck der Fischereilobby denkt. Das Ergebnis: Im Mittelmeer gelten sage und schreibe 83 Prozent der Fischbestände als überfischt. Auch die sogenannten Meeresschutzgebiete sind oft nur "Paper Parks" – auf der Karte sehen sie toll aus, aber in der Realität wird darin weiter gefischt und gebaggert, als gäbe es kein Morgen. Eine Studie, die in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde, hat gezeigt, dass in rund 60 % der untersuchten Meeresschutzgebiete im Nordostatlantik Grundschleppnetzfischerei stattfindet. Das ist kein Schutz, das ist eine Farce.

Das ist die harte, salzige Wahrheit. Wir kämpfen nicht nur gegen Ignoranz. Wir kämpfen gegen einen gut organisierten, mit Milliarden finanzierten Gegner, der die Regeln des Spiels zu seinen Gunsten geschrieben hat. Wir brauchen also nicht nur Leidenschaft. Wir brauchen eine Strategie. Wir brauchen ... Helden.
Die Liga der ungewöhnlichen Helden: Wer den Anzugträgern wirklich in die Suppe spuckt
Okay, ein Milliardär im Fledermauskostüm wird uns wohl nicht retten. Wäre auch albern, stell dir mal den nassen Umhang vor. Aber die gute Nachricht ist: Der Widerstand formiert sich. Die echten Batmen des Ozeans tragen keine Masken. Sie tragen Roben, sie halten Kameras in der Hand, oder sie sitzen in Schlauchbooten. Sie sind die Anwälte, die Journalisten, die Aktivisten und die Wissenschaftler, die den Kampf dorthin tragen, wo es wehtut: vor Gericht, in die Schlagzeilen und direkt vor die Bugspitze der Zerstörer.
Nehmen wir die juristischen Superhelden. Organisationen wie ClientEarth oder Earthjustice nutzen das Gesetz als Bat-Lanze. Sie ziehen nicht mit Protestschildern vor ein Firmengebäude, sie zerren die Vorstände direkt in den Gerichtssaal. Ein Paradebeispiel ist die Klage des US-Bundesstaates Kalifornien gegen fünf der weltgrößten Ölkonzerne wie ExxonMobil und Shell. Der Vorwurf: jahrzehntelange, vorsätzliche Irreführung der Öffentlichkeit über die Gefahren des Klimawandels. Sie wussten seit den 1970er Jahren, was ihre Produkte anrichten, und haben Milliarden in Desinformationskampagnen gesteckt, um es zu vertuschen. Das ist nicht nur unverantwortlich, das ist kriminell. Diese Klagen fordern nicht nur Strafzahlungen, sie zielen darauf ab, einen Fonds einzurichten, der die Kosten für Klimakatastrophen deckt. Das ist es, was Batman tun würde: Die Schurken für den Schaden bezahlen lassen.
Dann gibt es die investigative Abteilung, unsere "Commissioner Gordons". Journalisten-Kollektive wie "Correctiv" decken die unheiligen Allianzen zwischen Lobbyisten und Politik auf. Sie haben zum Beispiel recherchiert, wie Mitarbeiter von deutschen Bundesbehörden, die für den Tiefseebergbau zuständig sind, gleichzeitig im Beirat eines Lobby-Vereins der Industrie sitzen. Das ist, als würde der Gefängnisdirektor nebenberuflich für die Mafia arbeiten. Ohne diese unermüdliche Wühlarbeit im Datendschungel wüssten wir von all dem nichts. Sie schalten das Bat-Signal an, indem sie die Wahrheit ans Licht zerren.
Und natürlich haben wir unsere Robins und Batgirls an der Front. Die Aktivistinnen und Aktivisten von Organisationen wie Greenpeace oder Sea Shepherd. Wenn ein Unternehmen wie "The Metals Company" im Pazifik den Tiefseebergbau vorbereiten will, sind sie mit ihren Schiffen vor Ort und protestieren. Sie umkreisen die Schiffe mit Kajaks, sie blockieren, sie stören. Und sie gewinnen. Ein Gericht in Amsterdam bestätigte kürzlich, dass diese friedlichen Proteste erlaubt sind – ein Schlag ins Gesicht für die Bergbau-Industrie.
Diese direkte Aktion ist das sichtbare Ausrufezeichen hinter dem juristischen Kleingedruckten und den journalistischen Enthüllungen.
Aber die vielleicht stärkste Waffe in unserem Arsenal ist die Koalition der Vernünftigen. Wenn sich Staaten, Wissenschaftler und sogar Unternehmen zusammenschließen, wird es für die Lobbyisten eng. Beim Thema Tiefseebergbau wächst der Widerstand täglich. Über 30 Länder, darunter Deutschland, haben sich bereits für ein Moratorium oder eine vorsorgliche Pause ausgesprochen. Sie sagen klar: Solange wir nicht wissen, was wir da unten zerstören, lassen wir die Finger davon. Das ist das Vorsorgeprinzip – die Superkraft der Vernunft. Es ist der Beweis, dass der Ruf der Zerstörung nicht der einzige ist, der in den Hallen der Macht gehört wird.

Vergiss das Bat-Signal. Du bist die verdammte Fledermaus
Jetzt sitzt du hier, hast dir meinen ganzen Sermon angehört und denkst dir vielleicht: "Schön, Gary. Coole Geschichte. Aber was soll ich denn bitte machen? Ich hab weder eine Bat-Höhle noch einen Jura-Abschluss."
Hör zu, und hör gut zu. Das ist der Punkt, den die Lobbyisten lieben: das Gefühl der Ohnmacht. Der Gedanke, dass du als einzelner Tropfen im Ozean sowieso nichts ändern kannst. Und genau das ist die größte Lüge von allen.
Wir brauchen keinen einzelnen Milliardär, der sich in ein Kostüm zwängt. Wir brauchen eine Armee von Millionen, die zu einem kollektiven Batman werden.
Der Kampf gegen die Zerstörung der Meere wird nicht von einer einzigen Person gewonnen, sondern durch tausende kleine und große Akte des Widerstands.
Du willst wissen, was in deinem Werkzeuggürtel steckt? Eine ganze Menge:
Werde zum Geld-Robin-Hood: Die Organisationen, die ich genannt habe – ClientEarth, Greenpeace, Sea Shepherd, die Deutsche Stiftung Meeresschutz, OceanCare – sie alle leben von Spenden. Jeder Euro, den du ihnen gibst, ist eine Kugel im Magazin gegen die Lobby-Industrie. Suche dir die aus, deren Methoden du am besten findest – die Anwälte, die Frontkämpfer, die Forscher – und unterstütze sie. Das ist der direkteste Weg, den Helden Treibstoff zu geben.
Sei der digitale Detektiv: Folge diesen Organisationen und unabhängigen Medien wie uns. Wenn sie einen neuen Skandal aufdecken, eine neue Klage einreichen oder eine neue Kampagne starten – TEILE ES. Sei die Fledermaus, die die Nachricht durch die Nacht trägt. Die Algorithmen der sozialen Medien sind ein Schlachtfeld. Jedes Like, jeder Share, jeder Kommentar, der die Lügen der Lobbyisten entlarvt, ist ein gewonnener Kampf um die öffentliche Meinung.
Wähle deinen Alfred Pennyworth: Informiere dich vor Wahlen, welche Politiker und Parteien wirklich hinter dem Meeresschutz stehen und wer nur warme Luft blubbert. Frage deine lokalen Abgeordneten direkt, wie sie zum Thema Tiefseebergbau oder zu den Fangquoten stehen. Entlarve diejenigen, die die Phrasen der Industrie-Lobby nachplappern. Deine Stimme ist dein mächtigster Batarang.
Entlarve den Joker in deinem Supermarkt: Boykottiere Produkte von Firmen, die als große Ozeanverschmutzer bekannt sind. Mache einen Bogen um Einwegplastik, wo immer es geht. Frage im Fischladen, woher der Fisch kommt und wie er gefangen wurde. Dein Konsum ist ein täglicher Stimmzettel.
Der Ozean hat keine eigene Stimme in unseren Parlamenten. Er kann keine Wahlkampfspenden machen oder zu schicken Abendessen einladen. Wir sind seine Lobby. Du und ich. Wir sind die Möwen-Crew.
Also, vergiss die Suche nach einem einsamen Helden am Nachthimmel. Schau in den Spiegel. Da steht er. Zieh dir vielleicht keine Strumpfhose über den Kopf, das sieht meistens albern aus. Aber fang an. Heute. Denn die Anzugträger machen auch keine Pause. Und unser Ozean kann nicht länger warten.
Dein Gary.
Klartext braucht eine starke Crew.
The Ocean Tribune ist zu 100% unabhängig, werbefrei und für alle frei zugänglich. Wir lassen uns von keiner Lobby kaufen, weil wir nur einer Sache verpflichtet sind: dem Ozean.
Das ist nur möglich, weil eine Crew von unerschrockenen Unterstützern hinter uns steht, die diesen Kurs finanziert. Wenn du unsere Arbeit wertvoll findest, dann werde jetzt Teil dieser Bewegung. Jeder Beitrag ist Treibstoff für unsere Mission und sorgt dafür, dass wir weiter die unbequemen Wahrheiten aussprechen können.
Aus dem Maschinenraum: Vom Klartext zum Bauplan
Wir legen den Finger in die Wunde. Das ist unsere Mission bei The Ocean Tribune. Aber Aufklärung allein rettet keine Ozeane.
In der Werkstatt von Vita Loom Labs schmieden wir aus diesem Wissen die unangreifbaren Architekturen, die aus fragilen Projekten resiliente, investierbare Assets machen. Wir schreiben keine besseren Anträge. Wir bauen unbesiegbare Systeme.
Wollen Sie sehen, wie eine solche architektonische Intervention in der Praxis aussieht? Unsere Fallstudie seziert den Prozess – vom narrativen Vakuum zum unbesiegbaren System.
The Ocean Tribune
Wir wissen, was die Ozeane zu sagen haben!



